Julian in Kenia - „Wir konnten einen Perspektivwechsel vornehmen und voneinander lernen.“

Julian Schwab aus Fulda machte eine Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten und arbeitet seit mehreren Jahren als freiwilliger Feuerwehrmann. Über sein Engagement bei der Feuerwehr ist er zum Deutsch-Afrikanischen Jugendwerk gekommen. Im Interview berichtet er von Perspektivwechseln und Gastfreundschaft während seiner Team works!-Hospitation in Kenia.

Julian Schwab ist gelernter Verwaltungsfachangestellter und freiwilliger Feuerwehrmann bei der Feuerwehr Gersfeld/Rhön.

Wo hast du deine Hospitation absolviert - und was waren deine hauptsächlichen Tätigkeiten?

Julian: Ich war im November 2021 bei der Feuerwehr von Kilify County in Kenia und habe dort bei der Ausbildung der Feuerwehrleute zum Tragen von Atemschutzgeräten unterstützt. Unter anderem konnte ich Einweisungen zum Einsatz tragbarer Pumpen für die kenianischen Kollegen anbieten. Während der Ausbildungskurse und Übungen konnten wir gemeinsam miteinander arbeiten, auf Probleme der kenianischen Kollegen eingehen und Lösungsansätze für unterschiedlichen Bereiche entwickeln. Wir konnten also einen Perspektivwechsel vornehmen und voneinander lernen.

Wie kam es zu deinem Auslandsaufenthalt mit Team works!?

Julian: Ich war schon immer reisefreudig. Mit 19 oder 20 war ich bereits für ein Praktikum in Südafrika. Das waren meine ersten Erfahrungen auf dem Kontinent Afrika. Zum DAJW kam ich dann über einen Umweg: Bei meiner freiwilligen Feuerwehr hatten wir alte Kleidung, die nicht mehr genutzt werden konnte, aber zum wegwerfen zu schade war. Also haben wir überlegt, was wir damit machen können. Die Idee war die Kleidung vielleicht nach Afrika zu spenden. So kam der Kontakt zum Verein European Support Team, die Ausrüstung und Ausbilder/-innen nach Afrika senden und die dortigen Feuerwehrleute an der Ausrüstung ausbilden. Die Kleidung konnte leider nicht nach Afrika gesendet werden, da sie zu alt war. Aber ich konnte als "Ausbilder" tätig werden und konnte dann in Afrika an Atemschutzgeräten ausbilden. 

Inwiefern steht deine Hospitation in Verbindung zu deiner abgeschlossenen Ausbildung als Verwaltungsfachangestellter?

Als Verwaltungsfachangestellter hatte ich während meiner Ausbildung im Rathaus einer kleinen Stadtverwaltung (etwa 5.500 Einwohner) viel mit der Feuerwehr zu tun. Die Stadtverwaltung wickelt Baumaßnahmen (Bauabteilung), Finanzen (Finanzabteilung), aber auch alltägliche Dinge wie Informationsrecherche zu Materialkäufen oder auch die Lagerverwaltung im Rathaus ab. Hier hat mir mein Wissen aus der ehrenamtlichen Arbeit durchaus weitergeholfen. Bei meiner jetzigen Tätigkeit habe ich keine beruflichen Schnittpunkte mit der Feuerwehr. Der Aufenthalt in Kenia hat dennoch Auswirkungen auf meine Arbeit: Ich bin jetzt in meinem Arbeitsalltag unglaublich geerdet.

Mit voller Feuerschutzausrüstung und angeschlossenem Atemschutzgerät (Gewicht der Ausrüstung ca. 15 kg) haben wir bei 35°C einen Dauerlauf zur Belastungsprobe gemacht.

Das Atemschutzgerät ist die Lebensversicherung eines Feuerwehrmannes, da es vor giftigen Rauchgasen schützt.

Praktisches Training zur Menschenrettung mit einer 80kg schweren Übungspuppe.

Wie würdest du deine Erwartungen an die Hospitation bei der Feuerwehr von Kilify County beschreiben?

Julian: Die Situation vor Ort konnte ich mir relativ genau vorstellen, da ich aufgrund meiner bisherigen Erfahrungen eine gewisse Vorstellung der Menschen, der Angewohnheiten und der Landschaft im Kopf hatte. Erschrocken hat mich dennoch die hohe Anzahl an Lehmhütten und die teils sehr hohe Armut, gerade durch den fehlenden Tourismus während Corona. Dennoch muss ich erwähnen, dass ich - wie immer - von der afrikanischen Gastfreundschaft beeindruckt war. Durch die Arbeit mit den Leuten vor Ort lernt man sich auf einer Ebene kennen, die ein Tourist, selbst ein Backpacker, nie erleben würde.

Auf der Feuerwache beim Billiard erste Kontakte mit den lokalen Feuerwehrkräften geknüpft.

Noch ein Blick zurück: Was nimmst du mit?

Julian: Privat als auch beruflich kann ich mitnehmen, dass man das Leben wesentlich entspannter nehmen kann, als sich dem Stress auszusetzen, den wir uns die ganze Zeit machen. Auch hat sich mein Horizont erweitert: im Hinblick auf die unterschiedlichen Geschlechterrollen, die Auswirkungen von Armut und Reichtum sowie das Privileg, in einem reichen Land aufwachsen zu dürfen. Besonders beeindruckend waren unsere Ausflüge zu Bekannten sowie die Einladungen von den Menschen in Kenia. Wir konnten an einem Gottesdienst teilnehmen, Stadtteile sehen, die vermutlich seit längerer Zeit kein Europäer und keine Europäerin gesehen hat, mit den Einheimischen kochen und an einem Tisch mit ihren Familien essen.

Alle Fotos: © Julian Schwab

Deutsch-Afrikanisches Jugendwerk

Zusammen stark: Mit Team works! bilden junge und erfahrene Fachkräfte ein Tandem für nachhaltige Entwicklung. Gemeinsam mit dem Senior Experten Service (SES) ermöglicht das Deutsch-Afrikanische Jugendwerk (DAJW) Auszubildenden und jungen Berufstätigen 2,5 bis 6-wöchige Hospitationen auf dem afrikanischen Kontinent und in Deutschland. Vom Austausch der Erfahrungen und Ideen zweier Generationen und Kontinente profitieren die Fachkräfte und die Einsatzstellen.

Mehr Informationen findet ihr im Stipendienfinder oder direkt  beim Deutsch-Afrikanischen Jugendwerk

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